Auf dem Creiler Platz fand eine Veranstaltung zum Mord an Mahsa Amini im Iran statt. Hier zeigten ca. 50 Anwesende ihre Solidarität mit den mutigen Frauen im Iran und protestierten gegen Unterdrückung, Gewalt und Hass. Redebeiträge von der Initiatorin Ulla Fries-Langer, Sprecherin von Terre des Femmes, der stellvertretenden Bürgermeisterin Angelika Dornebeck, einigen iranischen Marler MitbürgerInnen, von Heidi Blessenhohl für die Marler Kirchen, Agnes Kaufhold von amnesty international und von Beate Kühnhenrich für die Wählergemeinschaft Die Grünen gemeinsam mit Barbara Floer vom Ortsverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Marl, machten deutlich, dass politisch motivierte Gewalt gegen Frauen ein Problem ist, das uns alle angeht. Leider war außer der Wählergemeinschaft Die Grünen keine andere Fraktion des Stadtrates vertreten und außer Bündnis 90 auch keine andere Partei. Hier zum Nachlesen der Redebeitrag der beiden Grünen Frauen:
Wir möchten heute zu diesem Anlass einige Auszüge aus der Rede unserer Außenministerin Annalena Baerbock am 29. September im Deutschen Bundestag vorlesen. Sie hat treffende Worte zu diesem unglaublichen Verbrechen gefunden, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. Wir verlesen Sie im Namen des Ortsvereins Marl von Bündnis 90 und der Wählergemeinschaft Die Grünen Marl:
Frauen, die im gnadenlosen Beschuss von Wasserwerfern stehen, die sich ihre Kopftücher abreißen, die singen: „Frauen, Leben, Freiheit“. Wir sehen und wir hören diese Frauen; Frauen, die sich mutig dem scheinbar so mächtigen iranischen Sicherheitsapparat entgegenstellen. Aber all die Knüppel und das Tränengas sind alles andere als ein Ausdruck von Macht und Stärke. Aus dieser schieren Gewalt des iranischen Systems spricht pure Furcht. Denn nichts fürchten jene, die mit betäubender Gewalt regieren, mehr, als dass Frauen gemeinsam auf die Straße gehen und ihre Stimme erheben. Und diese Stimme lässt sich nicht einfach niederknüppeln. Sie lässt sich auch nicht abschalten, indem man den Zugang zum Internet kappt. Nein, diese Stimme schallt laut und weit über den Iran hinaus.
Es ist auch die Stimme von Mahsa Amini. Aminis Familie rief Mahsa bei ihrem kurdischen Namen „Jina“, das heißt: Leben. Auf ihren Grabstein haben ihre Eltern schreiben lassen – ich zitiere –: Du bist nicht gestorben, dein Name ist ein Aufruf. – Und diesem Aufruf folgen so viele: im Netz und auf der Straße. Danke.!
Bei allem Respekt vor kulturellen und religiösen Unterschieden: Wenn die Polizei, wie es scheint, eine Frau zu Tode prügelt, weil sie aus Sicht der Sittenwärter ihr Kopftuch nicht richtig trägt, dann hat das nichts, aber auch gar nichts mit Religion oder Kultur zu tun. Dann ist das schlicht ein entsetzliches Verbrechen.
Der feige Mord an Jina Mahsa Amini ist kein Einzelfall, sondern er ist Ausdruck eines Systems, eines Machtsystems, das auf Gewalt gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern, auf Gewalt gegenüber seinen regionalen Nachbarn, aber eben auch auf einem System der Erniedrigung und Gewalt gegenüber Frauen basiert. Und diese Machtsysteme, die auf sexuelle Gewalt und auf Erniedrigung aufgebaut sind, finden wir leider auch an anderen Orten dieser Welt. Diese Machtsysteme wissen: Wenn Frauen nicht sicher sind, dann weiß jeder im Land, dass niemand sicher ist. Und umgekehrt gilt: Wenn Frauen sicher sind, dann ist jeder sicher in einer Gesellschaft.
Die Frauen im Iran müssen sich darauf verlassen können, dass wir nicht nur jetzt an ihrer Seite stehen, sondern auch morgen und übermorgen, wenn der Wind sich bei ihnen oder auf der Welt weitergedreht hat. Unsere Solidarität gilt den Frauen in Afghanistan, in Belarus und im Iran. Denn so furchtbar der Tod von Jina und die Niederschlagung der Proteste im Iran ist: Das ist kein Einzelfall. Jina Mahsa Amini, du bist nicht gestorben. Dein Name ist Aufruf, und zwar weltweit.
Soweit die Worte von Annalena Baerbock. Wir bedanken uns heute hier bei den InitiatorInnen dieser Veranstaltung, stellvertretend sei Ulla Fries-Langer genannt. Danke, dass du und deine MitstreiterInnen diese beeindruckende Veranstaltung so schnell auf die Beine gestellt haben. Sie ist ein sichtbares Zeichen für die Solidarität auch in Marl mit den Frauen im Iran. Danke aber auch an alle Beteiligten, die mit Redebeiträgen und Liedern zeigen, dass ihnen das Schicksal der Menschen im Iran nicht egal ist, und das immer wieder auf Menschenrechtsverletzungen im welchem Namen auch immer hingewiesen werden muss.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Fotonachweis: Terres des Femmes, Marl