Im Rahmen der Norderweiterung der Raffinerie Scholven plant BP gemeinsam mit dem Kooperationspartner Brightmark eine Pyrolyse-Anlage zum chemischen Recyceln von zunächst jährlich 360.000 t Kunststoffabfällen. Die Fläche liegt nicht nur im Landschaftsschutzgebiet und grenzt auch an ein Naturschutzgebiet, sie liegt vor allem in unmittelbarer Nähe der Wohnbebauung von Polsum. Auch die Verwaltung der Stadt sieht dadurch die Interessen von Marl erheblich beschnitten.
Seit mehr als einem Jahr stehen wir Marler Grünen der Wählergemeinschaft und des Ortsverbandes Bündnis 90 dazu im intensiven Austausch mit den Gelsenkirchener Grünen. Wir wurden wiederholt von besorgten Polsumer BürgerInnen angesprochen, denn die Auswirkungen des Vorhabens – das zeigen auch der Großrand in einer Kunststoff-Recyclinganlage am Mittwoch in Ochtrup und der Chemie-Unfall 2021 in Leverkusen – werden Polsum unmittelbar betreffen. Vor dem Hintergrund des Großbrandes in Ochtrup haben wir die Verwaltung gebeten, die Zahl der Brandereignisse bei der Kunststoff-Sortierung von Alba in Marl abzufragen. Denn auch hier brennen trotz erheblicher Schutzmaßnahmen immer wieder gelagerte Abfälle.
Grundsätzlich sind Marl und Gelsenkirchen sehr bedeutende Industrie- und Chemiestandorte, deren Sicherung und Fortentwicklung nicht nur für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen wichtig ist. Alle Chemieparks streben inzwischen eine klimaneutrale Produktion an, und wir begrüßen die dazu notwendigen Innovationen und Umbauten. Aber das BP-Projekt steht nicht für Fortschritt sondern für Rückschritt, denn BP investiert damit weiterhin in Erdöl-Chemie und zudem in eine Technik, die beim Kooperationspartner schon in viel kleinerem Maßstab erhebliche technische Probleme bereitet.
Die Bildung produktionsschädlicher und gesundheitsgefährdenden Stoffen, wie z.B. Dioxinen und Furanen, soll durch eine Sortierung des Kunststoffabfalls – wie in Marl und Ochtrup – reduziert werden. Statt die dann hochwertigen Kunststoffe anschließend unmittelbar zu neuen Kunststoffprodukten zu verarbeiten, sollen sie mit einer Ausbeute von nicht einmal 20 % zu chemischen Vorprodukten pyrolysiert – ‚recycelt’ – werden. Gemessen an einer Verarbeitungskapazität in Scholven von jährlich weit über 12. Mio. t Rohöl erscheinen die erwarteten 60.000 t Pyrolyseöl (0,5 %) weder zur Sicherung von Arbeitsplätzen, noch als Schritt zur Klimaneutralität von Bedeutung.
Raffinerien, wie die in Scholven, sind auch mit der geplanten Pyrolyse-Anlage ein Auslaufmodell – Restlaufzeit 20 Jahre. Aber die heutigen Mitarbeiter verfügen über das notwendige Know-How, um die Zukunft des Standorts zu gestalten. Das ist die Chance, die BP erkennen und im Sinne der ArbeitnehmerInnen und des Klimaschutzes jetzt ergreifen sollte. Wenn BP sich dazu erweitern müsste und die Polsumer Bevölkerung vor negativen Auswirkungen geschützt wird, wäre das ein politischer Abwägungsprozess, dem sich die Grünen in Marl und Gelsenkirchen stellen werden.
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